Auszug "Spurensuche"  für die spätere Buchausgabe

GREENER ELEKTRIZITÄTSWERK

Lebenswerk des CHRISTIAN STROTE (1855 – 1912)

Am nördlichen Ortsrand von Greene, mit einer etwas versteckten Zufahrt in der Marktstraße, liegen die Anlagen des Elektrizitätswerkes Greene. Es verdankt seine Existenz einer ungewöhnlichen Unternehmerpersönlichkeit: Christian Strote - ein Pionier der Stromerzeugung im Braunschweiger Land.

 

Er stammte aus Holenberg im Landkreis Holzminden, geboren im Jahre 1855. Dort besuchte er die Dorfschule. Weil der elterliche Hof von seinem älteren Bruder fortgeführt wurde, besuchte er mit dreiundzwanzig Jahren die Landwirtschaftsschule in Helmstedt und wurde später Verwalter großer Güter rund um den Elm. Zunächst auf einem 700-Morgen-Gut in Roklum, dann als Oberverwalter auf dem Rittergut Heiningen. Ein Schilddrüsenleiden zwang ihn zur Aufgabe der Verwalterlaufbahn. 1885 gründete er ein gewinnbringendes Steinbruchunternehmen auf dem Land seines Bruders. Eineinhalb Jahre später- ein Freund hatte sich als Heiratsvermittler betätigt - lernte er Marie Warnecke kennen, die Tochter des Mühlenbesitzers in Greene; 1878 haben die beiden geheiratet.

 

Die Familie Warnecke betrieb die Mehl-, Öl- und Sägemühle an der Leine seit 1768 in der vierten Generation. Materiell war Strotes Familie durch den Betrieb des Steinbruchs gesichert; zudem war seine Ehefrau Marie als älteste Tochter die Erbin der gutgehenden Mühle in Greene.

 

Zunächst noch in Holenberg wohnend, zog die Familie wegen des frühen Todes der Schwiegermutter nach Greene. Christian Strote unterstützte seinen Schwiegervater im Geschäft und führte seinen eigenen Steinbruchbetrieb weiterhin fort.

 

Völlig unerwartet starb im 36. Lebensjahr seine Ehefrau und Mutter seiner drei Kinder am Tag vor Heiligabend 1893. Christian Strote heiratete nicht wieder und zog die Kinder allein groß. Wegen eines fortschreitenden Asthmaleidens sah er sich gezwungen, den Holenberger Steinbruch aufzugeben. Am 17. September 1900 starb plötzlich auch sein Schwiegervater an einem Schlaganfall. Zum Anerben der Mühle sowie der gesamten Liegenschaften und der Wasserkraft wurde sein ältester Enkel Adolf eingesetzt – mit dem Recht, das Erbe nach Vollendung des 23. Lebensjahres im März 1913 anzutreten. Adolfs Vater, Christian Strote, wurde als Interimswirt eingesetzt.

 

Eigentlich kein Fachmann für Elektrizität, beschäftigte er sich im Winter 1900/1901 eingehend mit der Frage der besseren Nutzung der Wasserkraft für die Stromerzeugung; bisher hatte er bei seinem Schwiegervater keine Unterstützung dafür gefunden. Schon im Spätsommer 1901 begannen die ersten Arbeiten, weil sie dann vor einem auftretenden Hochwasser noch hätten abgeschlossen sein können. Es traten aber immer wieder ernste Probleme auf: das Sägemühlengebäude drohte einzustürzen und musste abgerissen werden, was sehr misslich war; denn die Sägemühle generierte erhebliche Einnahmen; die zu Dreivierteln fertiggestellten Turbinenkammern wurden zu allem Unglück durch einen Bruch des Staudamms bei einem Hochwasser überflutet.

 

Finanzielle Engpässe führten zur Neustrukturierung des Geschäftes. Die Firma Fleischhauer aus Magdeburg, der die elektrischen Maschinen, Schaltanlagen und Hochspannungsleitungen übertragen wurden, erzwangen die Gründung einer GmbH. Nur ein Bruchteil des zugesagten Stroms wurde abgenommen, etwa durch die Stadt Gandersheim und den 1854 errichteten Bahnhof Kreiensen, so dass nur Orte wie Kreiensen und Greene sowie kleinere ländliche Orte zu den tatsächlichen Abnehmern zählten. Für einen Sommermonat ist für einen Ort mit 300 Einwohnern ein Verbrauch von lediglich einer Kilowattstunde dokumentiert worden.

Mittig Christian Strote um 1911
Mittig Christian Strote um 1911

Christian Strote hielt zäh an seinem Vorhaben fest. Weil bei Hochwasser, Eisgang oder Trockenheit die Turbinen außer Kraft gesetzt waren, baute er 1904 eine Dampfmaschine ein; das war ein weiterer großer Kapitalaufwand, der die Rentabilität des Projektes in Frage stellte.

 

Bereits 1911 konnte aber eine weitere Dampfmaschine in Betrieb gehen. Christian Strote erlebte auch noch, wie im selben Jahr sein langer Prozess gegen die Firma Fleischhauer zu seinen Gunsten entschieden wurde; Fleischhauer schied aus der GmbH aus, und das Werk kam in den Alleinbesitz der Familie Strote. Im Jahre 1912 waren außer der Stadt Gandersheim und dem Kreiensener Bahnhof siebzehn Ortschaften Kunden des E-Werkes.

 

Gesundheitlich war Christian Strote inzwischen stark beeinträchtigt. Das Asthma verschlimmerte sich, wegen eines Nervenleidens musste er im Rollstuhl gefahren werden. Er starb am 19. April 1912, erst 57 Jahre alt.

 

Der Sohn Adolf Strote hat 1913 nach Erreichen seines 23. Lebensjahres die Firma neu gegründet unter dem Namen „Mühle und Elektrizitätswerk Christian Strote“. Er verzichtete auf eigenen Wunsch auf den Besitz und übertrug 1919 seinem Bruder Hermann Strote das gesamte Unternehmen. Von da ab firmierte das Kraftwerk unter dem Namen „Elektrizitätswerk Greene-Inhaber Christian Strote“. Nach dem Tode von Hermann Strote 1950 setzte eine Erbengemeinschaft den Betrieb fort.

1934 war das Werk als Versorger von 30 Ortschaften mit rund 15.000 Einwohnern eines der größten privaten Elektrizitätswerke Deutschlands. Es blieb bis 1950 in Familienbesitz, dann wurden 50 % der Stromerzeugung an die Hastra verkauft, 1952 folgte der Rest. Auch in den Folgejahren wurden immer wieder Investitionen vorgenommen.

 

Der Name des Gründungsunternehmers ist bis heute erhalten. Das „Elektrizitätswerk Greene – Christian Strote“ leistet wertvollen Beitrag zur Energieerzeugung. Zudem steht die Wasserkraft als heimische Energiequelle auf unendliche Zeiten zur Verfügung.