Der OCHSENSTALL und die Wüstung HARBOLDISSEN

Aquarell-Gemälde Ochsenstall
Aquarell-Gemälde Ochsenstall

An der Bundesstraße 64, etwa 2,5 km westlich von Greene, an der linken Seite, kurz vor dem höchsten Punkt der Straße, die früher „Holzmindener Straße“ hieß, stand der

Ochsenstall.

In früherer Zeit, als das „Hintere Feld“ der Greener Domäne noch mit Ochsengespannen beackert wurde, diente der Stall den Ochsen als Schlafplatz. Die Zugtiere wurden für die Feldbestellung im Frühjahr und im Herbst dorthin geführt – das kostete auf Grund der langsamen Gangart der Ochsen viel Zeit. Sie blieben daher so lange dort, bis die Arbeit fertig war; danach erst wurden sie wieder in ihren Stall im Dorf zurückgeführt.

Der Ochsenstall wurde 1839 im Nahbereich der Luhbachquelle erbaut. Das Quellwasser wurdE zur Versorgung der Ackertiere genutzt.

1909 wurde noch eine Feldscheune neben dem Stall gebaut. Es gab wohl auch eine „Knechtestube“, wie aus einer alten Zeichnung zu entnehmen ist.

Als später anstelle der Ochsen immer mehr Pferde und auch Trecker für die Ackerarbeit eingesetzt wurden, hatte der Ochsenstall ausgedient und verfiel allmählich. Schließlich stand er dem Ausbau der B 64 und der Neugliederung der Ländereien nach Auflösung der Domäne im Wege und wurde 1969 abgerissen.

Das Ochsenstallgebäude - Aufnahmen von ca. 1955. Archiv Heimatverein Greene
Das Ochsenstallgebäude - Aufnahmen von ca. 1955. Archiv Heimatverein Greene

Vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, Hannover [NLD] wird herausgestellt, dass mit großer Wahrscheinlichkeit das  Gebäude in Stampflehm-Bauweise errichtet ist. Dazu wird verwiesen auf die Stampflehm-Mauer im Greener Amtspark, die am Anfang des 19. Jahrhunderts angelegt wurde. Das Mauerwerk ist 2021/2022 vollständig saniert worden; die Mauer steht seit 2014 unter Denkmalschutz. Vergleichsweise Anlagen befinden sich nach Informationen des NLD in der Ortschaft Gottscheina, heute einem Stadtteil von Leipzig sowie

in Gutsparken in Sehlis, Landkreis Nordhausen und Seeben, Stadtteil von Halle.

 

Die Fachleute des NLD erkennen auf dem oben dargestellten Foto Hinweise, „dass es sich hier ebenfalls um einen Lehmmassivbau handeln könnte. Neben der typischen Oberflächenstruktur ist auch eine für die Pisẻ-Technik typische Schichtung im Wandaufbau erkennbar. Weiterhin fallen der deutlich abgesetzte Ziegelsockel sowie eine auf Höhe der Traufe nach außen vorkragende Ziegelreihe auf. Beides sind notwendige Maßnahmen zum Schutz vor Feuchtigkeit“.

Rechts im Hintergrund die angedachte Dorf Lage „Harboldissen“ im Gericht Greene. Archiv Heimatverein Greene
Rechts im Hintergrund die angedachte Dorf Lage „Harboldissen“ im Gericht Greene. Archiv Heimatverein Greene

Die Malerin Clara Stromberg hat sich die künstlerische Freiheit genommen, in ihrer Darstellung lange Zeiträume zu ‚überbrücken‘. Im Hintergrund des Kachelgemäldes ist die Siedlung „HARBOLDESSEN“ zu erkennen, die um 1535 zur Wüstung wurde.

Der ungefähre Standort der WÜSTUNG HARBOLDESSEN ist in der „Historischen Karte des Landes Braunschweig im 18. Jh.“ vermerkt und insoweit einordbar. Wahrscheinlich lag die Hofanlage im Nahbereich der Luhbach-Quelle, denn eine Wassernutzung war zwingend notwendig. Überliefert ist die Existenz dieser Dorfanlage zwischen 1300 bis 1535. Um 1300 sollen 5 Hufen (umgerechnet rd. 150 Morgen) von dort aus bewirtschaftet worden sein, die von den Homburger Edelherrn als damaliger Landbesitzer verlehnt wurden. 1325 war ein Hof mit 3 Hufen (90 Morgen) Lehngut des Alexanderstifts in Einbeck. Dieses Stift war mit zahlreichen Zehntrechten begütert. Gegründet von Graf Dietrich II. von Katlenburg-Einbeck 1080 als Familienkloster die Kirche und das Stift St. Alexandri auf dem Erbhof in Einbeck. Aus dem Jahr 1514 gibt es noch eine Fuldaer Lehenbestätigung über 2 Hufen (120 Morgen).

Die Wüstungserscheinungen des späten Mittelalters – auch im südniedersächsischen Mittelgebirgsraum – sind umfänglich erarbeitet. So ist allein die hier beschriebene Wüstung mit rund zehn verschiedenen Namensformen in Nachweisen des Niedersächsischen Landesarchivs in Wolfenbüttel sowie auch in den Kirchenvisitationen in den welfischen Landen belegt und weiter erläutert im Ortsnamenbuch des Landkreises Northeim von 2005, in der Regionalkarte zur Geschichte und Landeskunde (Blätter Einbeck und Seesen) von 2011, ferner in dem Standardwerk der Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Gandersheim, bearbeitet von Karl Steinacker 1910 sowie schließlich auf einem wunderbaren Kachelgemälde im Greener Heimatmuseum von der Malerin Clara Stromberg/ Kuhlmann