Die Stampflehmmauer im Flecken Greene

Ausschnitt Archiv Heimatverein Greene
Ausschnitt Archiv Heimatverein Greene

Der Domänenkomplex mit seinen Wirtschaftsgebäuden und dem Amtshaus wurde 1704 fertig gestellt. Geplant und errichtet von dem Architekten und Braunschweigischen Festungsbaudirektor Johann Caspar von Völcker (*1655 †1730), der für die Bauarbeiten zwischen 1696 bis 1704 verantwortlich zeichnete. Den gesamten Bauumfang einschließlich der Darstellung des 1. Justizgebäudes und die Parkanlage aus dem Jahr 1748 verdeutlicht die neben stehende Skizze.

 

 

 

Repro aus dem Niedersächsischen Landesarchiv Wolfenbüttel K 4492 im Heimatmuseum Greene.

 

Der Umfang des Parks gleicht einer Anlage eines Landschaftsparks höfischer Machart mit Wasserbassin und Sommerhäuschen. Augenscheinlich nur eine Art Machbarkeits-studie, denn die spätere Bauausführung entspricht einem Landschaftspark in englischem Stil. Hier ist die Parkabgrenzung durch Großbaum-Markierungen erkennbar. Die Einfriedungsart ist nicht deutlich herausgestellt.

 

Es ist davon auszugehen, dass der Parkbereich erst nach 1748 angelegt wurde. Eine konkrete Einfriedungsart ist nicht dargestellt. Möglicherweise weil das nicht von besonderem Darstellungs-Interesse war oder aber die heute erkennbare Einfriedungs-Mauer späteren Ursprungs ist. Wenn sie gegen Ende des 18. Jh. erbaut worden ist, kann sie somit auf rund 250 Jahre zurückblicken. Eine größere Zahl älterer Bäume bestätigt diese Einstufung.

 

2014 wurde dieses Mauerwerk als Baudenkmal ausgewiesen und rechtfertigt diese Einstufung mit der Begründung von „städtebaulicher und wissenschaftlicher Bedeutung mit Seltenheitswert“

Aufnahme von 2002 – Archiv Heimatverein Greene
Aufnahme von 2002 – Archiv Heimatverein Greene

Ursprünglich waren große Teile des Wirtschaftshofes sowie des Amtsparks und zusätzlich noch ein gegenüber dem Domänenareal gelegener Gartenbereich mit einer solchen Lehmmauer umgeben.


 

Die rot markierten Lehmmauerteile waren 1969 noch vorhanden.             Bildwerke: Archiv Heimatverein Greene

 

       

 

Dieser Mauerbereich musste um diese Zeit der dort geplanten Umgehungsstraße der B 64 durch die Ortslage weichen.

 

Wie aufwendig und historisch wertvoll diese Stampflehmmauer zu bewerten ist, lässt sich erst durch einen kurzen geschichtlichen Rückblick richtig erkennen und verstehen und letztlich auch der enorme Kostenaufwand für die Restaurierung des Resterhaltungs-Bauwerks aufgrund des einzigartigen Seltenheitswertes beurteilen.

 

Noch Anfang des 19. Jh. gab es zur Abgrenzung der Hofräume und Grundstücksteile Fachwerk-Mauerausführungen mit Lehmfüllungen. Sie kamen dann im Laufe der Jahre „aus der Übung“. Es folgten die Fachwerkmauern analog den Füllungen der Hauswände in Form der handgebackenen Lehmriegel und schließlich der Backstein.

 

Danach setzten sich Holzeinfriedungen in Form des einfachen Lattenzaunes und auch des Plankenzaunes durch. Landschaftliche Erscheinungsformen führten zu Bruch- und Werksteinmauern. Im hügeligen Bergland mit Steinbrüchen im Nahbereich wurden das bevorzugte Einfriedungen. Auch Kirchhofsmauern entstanden in verschiedenartigen Steinarten/ Quadermauern. Einen Wechsel in der Einfriedungsart brachten die Gründerjahre 1870/71 mit Einfriedungen aus Eisengitter und Backstein-Mauerwerk. Sie wirkten vielfach verunstaltend. Im Dorfbild stellten schon damals solche Arten der Einfriedung einen Fremdkörper dar. Allenfalls im Stadtbild waren Beton- und Backstein-Mauern vertretbar.

 

Von einer Stampfflechtmauer in Lehmbauweise ist in dieser Entwicklungsdarstellung der vergangenen rund 300 Jahre gar keine Rede. Insoweit stellt das Greener Restwerk dieser Mauerabgrenzung schon einen Seltenheitswert dar.

Modell eines Stampfflecht - Wandgerüstes
Modell eines Stampfflecht - Wandgerüstes

Der Stampflehmbau (aus dem fanzösischen „Pisé“, deutsch „stampfen“) ist eine massive Lehmbauart und unterscheidet sich grundsätzlich vom Bauen mit luftgetrockneten Lehmziegeln. Der Ursprung dieser Technik stammt aus Nordafrika, von der Arabischen Halbinsel sowie dem Vorderen Orient. Auch in weiten Teilen Europas wurde bis ins Mittelatelter hinein mit Stampflehm gebaut; in der Neuzeit geriet das Bauen mit Lehm allmählich in Vergessenheit. Lehmsteine und gebrannte Ziegelsteine ersetzten Stampflehmmauern. Erst Ende des 18. Jh. wurde die Technik in Form des in der Schweiz und in Frankreich verbreiteten „Lehmpisé-Baus“ wieder aufgenommen. Aus: WIKIPEDIA – Stampflehm – Ausdruck 09.07.2020.

 

 

Je nach Region werden ca. 40 bis 50 cm hohe Schichten erdfeuchten Lehms zwischen eine druckfeste Schalung geschüttet und durch Treten oder Bearbeiten mit Stampfgeräten verdichtet.

 

Kompetente Fachkräfte der Firma Denkmalplan – Gesllschaft für Bauwerksanierung aus der Ortschaft Körner bei Mühlhausen/ Thüringen, die für die Sanierung und Instandsetzung von historischen Gebäuden, Zimmer-, Lehmbau- und Steinmetzarbeiten verantwortlich zeichnen, haben die Arbeiten ausgeführt.

 

Dieser Mauerteil wurde komplett in vorstehender Ausführungsart neu erstellt.


Von dem Gesamtumfang der Stampfflechtmauern, für die sich im Greener Volksmund die Bezeichnung „Passeewand“ in Anlehnung an die französische Sprachform eingebürgert hat, wurden große Bereiche nach Auflösung der Domäne 1964 in den Nachfolgejahren zurückgebaut. Zum Teil machte andere Nutzungen im Bereich des einstigen Domänenareals – besonders der gegen Ende der 1960-iger Jahre beginnende Straßenausbau im Flecken Greene – vielfache Beseitigungen notwendig. Übrig geblieben ist ein Rest - Teil im Amtsparkbereich von rund 130 m Länge.

 

 

Sanierungsumfang

 

Teile der Lehmmauer sind in Schieflage geraten. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten musste die Stampflehmwand wieder lotgerecht aufgerichtet und durch neue Pfeiler abgestützt werden. Die Aufrichtung wurde abschnittsweise vollzogen, wobei der vorhandene Ringbalken in entsprechenden Abschnittsbereichen zurück gebaut wurde und die angrenzenden Wandbereiche abgestützt werden mussten. Im Anschluss an die Ausrichtung wurden die Wandfußpunkte und der Natursteinsockel saniert, wobei die Abstützung erhalten bleiben musste.

 

Die historischen Natursteinpfeiler waren ebenfalls zu sanieren und 12 neue Steinpfeiler aus Stahlbeton einzubauen. Auf dem neu gestalteten Ringbalken wurde eine Satteldachkonstruktion aufgebracht und mit historisch vorhandenen und neu zu beschaffenden Tonhohlpfannen gedeckt. Als Bauzeit wurde ein halbes Jahr eingeplant, was auch eingehalten werden konnte.

 

Planung und fachliche Betreuung oblagen der Fa. ZRS Architekten und Ingenieure, Berlin. Die Stadt Einbeck als Bauherr und Eigentümer des Areals und der als Einfriedung dienenden Lehmmauer leitete bereits 2015 die Erstellung eines Schadens- und Sanierungsgutachtens ein und veranlasste daraufhin eine qualifizierte Kostenabschätzung. Weiterhin wurde das Berliner Büro Anfang 2016 mit der Planung einer Notsicherung der Stampflehmmauer beauftragt, die durch den Bauhof der Stadt Einbeck ausgeführt wurde. Schließlich mussten auch noch Bodengutachten über die anstehenden Baugrundverhältnisse herangezogen werden. Es wurden schließlich mehrere Ausschreibungen für die Beauftragung einer Fachfirma notwendig.


Sanierungsmaßnahmen 2016


Große Teile der Greener Bevölkerung identifizieren sich mit diesem historischen Mauerbau und die Erhaltung für die Nachwelt. Der Ortsrat Flecken Greene hat sich stets für den Fortbestand der Lehmmauer eingesetzt. Ihm und mit Unterstützung des Heimatvereins Greene ist es zu verdanken, dass in dem Neubaugebiet „Löberfeld“ in unmittelbarer Nähe zum Amtspark ein Straßenzug mit der zutreffenden Bezeichnung „Hinter der Passeewand“ ausgewiesen ist. Dieser Teil ist bisher noch nicht erschlossen.

Das nachfolgende Bild zeigt den Teil einer Stampflehmwand, die komplett neu ‚aufgebaut‘ werden musste einschließlich neu zu setzender Fundament-Mauerteile, die hier nicht sichtbar sind. Die Stampfflechtwand ist in diesem Bereich abschnittsweise in Höhenmaßen zwischen 40 bis 50 cm auf der Basis von Stampflehmmaterial lagenweise neu geschaffen worden. Diese arbeitsträchtige Maßnahme konnte nur in Handarbeit unter Einsatz des Eingangs näher beschriebenen Stampfflecht-Wandgerüstes ausgeführt werden.

 

Die neue Stampflehmmauer im Greener Amtspark ist kein Festungsbau-Mauerwerk, wie es die nachstehende Dokumentation veranschaulicht. Die linke Hälfte im Bild zeigt die Sichtweise von Süd nach Nord und der rechte Teil gibt die Blickrichtung von Nord nach Süd der rund 130 m langen Mauer frei. Rechtzeitig vor Jahresschluss 2020 konnten die Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen werden. Der Arbeiter in der rechten Bildhälfte richtet die letzten Tonhohlpfannen auf der neu eingebrachten Satteldachkonstruktion. Eindrucksvoll die sanierten Sandsteinfeiler (im Vordergrund links)und die neu eingefügten Stützfeiler auf der Gesamtlänge der Mauerkonstruktion, die zur Gewährleistung der Standsicherheit neu gefertigt werden mussten.



Bericht aus dem Sommer 2020: Die Sanierungsarbeiten an der Stampflehm-Mauer im Greener Amtspark haben Anfang Juli begonnen

Gerichteter  Mauerteil mit Stahlstützen.  Im unteren Teil der neu gestaltete Wandfußpunkt und die Neuausrichtung des Natursteinsockels
Gerichteter Mauerteil mit Stahlstützen. Im unteren Teil der neu gestaltete Wandfußpunkt und die Neuausrichtung des Natursteinsockels

Die Sanierungsarbeiten an der Stampflehm-Mauer im Greener Amtspark haben Anfang Juli begonnen. Mitarbeiter einer Fachfirma aus Thüringen werkeln mit großer Geschäftigkeit an dem historischen Mauerwerk, das seit 2014 als Baudenkmal ausgewiesen ist. Die Stadt Einbeck, zu der Greene seit 2013 kommunalpolitisch gehört, hat bereits 2016 Notsicherungsmaßnahmen eingeleitet, da Teile der Lehmmauer in Schieflage geraten sind. Für die vollständige Sanierung stehen zusätzliche Fördermittel der Europäischen Union und des Landes Niedersachsen zur Verfügung.

 

Bis Mitte der 1960-iger Jahre waren der Amtspark und weitere Teile des Domänenareals mit einer solchen Lehmmauer umgeben. Nach Aufgabe der Domäne 1964 sind nach und nach Teile angebrochen worden. Rund 130 Meter sind noch als Rest vorhanden. Die Stampflehm-Mauer ist als Einzeldenkmal nach dem Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz ausgewiesen und gehört zur Gruppe baulicher Anlagen der übrigen Domänengebäude. Besonders das Mauerwerk ist „von städtebaulicher und wissenschaftlicher Bedeutung mit Seltenheitswert“.

 

Kompletter Rückbau eines beschädigten Mauerteils und Aufbau des Wandfußpunktes mit abschließenden Lehmformsteinen
Kompletter Rückbau eines beschädigten Mauerteils und Aufbau des Wandfußpunktes mit abschließenden Lehmformsteinen

Inzwischen wird an der gesamten Länge der Mauer in unterschiedlicher Intensität gearbeitet. Ein besonders massiver Eingriff musste am Beginn der Mauer zwischen zwei Natursteinpfeilern vorgenommen und eine Grundsicherung mit Lehmformsteinen eingebracht werden. Über einige Abschnittsbereiche ist die Lehmmauer durch Natursteinpfeiler abgestützt, wie in einem Bildwerk festgehalten. Diese Abstützungen müssen allesamt neu verputzt werden.

 

 

 

Ausgebesserter Natursteinpfeiler am Endpunkt des Mauerwerks
Ausgebesserter Natursteinpfeiler am Endpunkt des Mauerwerks

 

Ein weiterer Schwerpunkt ist für einige Mauerbereiche die lotrechte Ausrichtung, die besonders arbeitsträchtig ist. Während der Lehmmauerteil durch Stahlstützen in die Senkrechte ‚balanciert‘ wird, muss der darunter befindliche Natursteinsockel abgebrochen und neu aufgebaut werden. Dazwischen muss der Wandfußpunkt durch Lehmformsteine und einer Sperrschicht angeglichen werden. Später wird die gesamte Mauerfront beidseitig neu angeputzt, sodass die Unterbauteile nicht mehr erkennbar sind.

 

Zur Gewährleistung der Standsicherheit müssen weitere neue Stützpfeiler integriert werden, deren Einbau abschnittsweise vorgenommen wird. Diese Arbeiten werden erst angegangen, wenn die notwendigen Mauerausbesserungen umgesetzt sind. Die Arbeiten erstrecken sich noch bis in den Spätherbst.

 

Im Rahmen der Ortsheimatpflege konnte der bisherige Baufortschritt bildlich dokumentiert werden und die fachlichen Informationen wurden vom Bau Team bereitwillig erteilt.

 

 

Fotos: Jürgen Sander, Heimatverein Greene