Die Greener Hirschsprungsteine

Auf der Greener Feldflur, auf dem so genannten Hinteren Feld steht ein Denkmal, bestehend aus zwei roten Sandsteinen, das an einen Meisterschuss des Landesherrn, Herzog Heinrich Julius zu Braunschweig-Wolfenbüttel erinnert. Der größere Stein in Plattenform hat über der Erde eine Höhe von 170 cm, eine Breite von 89 cm und eine Dicke von 23 cm. Seine Vorderfläche ist mit einer ausführlichen Inschrift bedeckt und trägt darüber einen Rollwerkaufsatz und in der Mitte mit einem Zwölfender-Geweih. Auf dem Aufsatz ist das Gewicht mit „fünf ganze und einen halben Centner“ angegeben. In der Entfernung der Sprungweite von elf Metern steht der zweite Stein 154 cm über der Erde, 47 cm breit und 25 cm tief; seine Bearbeitung besteht nur aus einer rohen Zuspitzung.

 

Die Steine – verschiedentlich umgesetzt und 1995 letztmalig vollständig restauriert auf Veranlassung des Ortsrates Flecken Greene und des Heimatvereins Greene - bilden ein denkmalgeschütztes Ensemble. Heute macht die Anlage einen gepflegten Eindruck. Eine zusätzliche Informationstafel erläutert die näheren Hintergründe des Ereignisses. Der auf dem Stein gut lesbare Text ist nebenstehend zusammen gefasst. Weitere Informationen enthält auch das Buch des Heimatvereins über die Werke der Kunstmalerin Clara Stromberg „Urkunden der Wirklichkeit“. Die darin dargestellten Kachelgemälde mit der Jagdszene des herzoglichen Schusses kann auch im Greener Heimatmuseum besichtigt werden.

 

 

Es stellt sich auch die Frage, ob der Hirsch vom Herzog seinerzeit mit Armbrust oder schon durch eine Feuerwaffe erlegt worden ist. Wertvolle Hinweise dazu gab auch das Niedersächsische Landesarchiv in Wolfenbüttel.

 

Inzwischen konnte durch andere Buchquellen nachvollzogen werden, wann die Feuerwaffen zum Einsatz kamen und somit auch für den jagenden Herzog von Interesse waren. Um 1570 wurden für kriegerische Auseinandersetzungen die ersten Schusswaffen (lange Rohre oder kurze Seitwehr) eingesetzt.

 

In einem Beitrag von Georg Hermann Müller der Quellen und Darstelllungen zur Geschichte Niedersachsens über „Das Lehns- und Landesaufgebot von Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel“ ist belegt, dass der Herzog während seiner Regierungszeit 1568 – 1613 in der Eisenhütte Gittelde Gewehre für den Kriegseinsatz in Auftrag gegeben hat.

 


Auch im Zusammenhang mit einem Musterungsaufruf 1605 gegenüber den Angehörigen der jeweiligen Ritterschaft – den so genannten Lehnsgrafen und lehntragenden Adelsfamilien – ist neben der Bereitstellung der Pferde ausdrücklich gefordert: Schusssichere ‚Kasette‘ (Helm, Blechhaube), volles Arm- und Beinzeug, zwei Pistolen und eine kurze Seitwehr.

 

Herzog Heinrich Julius erlegte in der Greener Feldflur den Hirsch am 26. August 1606. Das ist zum einen außergewöhnlich, weil der Herzog von Jugendjahren an schon der Jagd ‚anhing‘ und weit bessere Jagdgründe im Harz, Solling oder auch Hils hatte. Daneben folgte er vielen Jagdeinladungen benachbarter Fürstenhäuser. Für den Harz, so die Feststellungen des Niedersächsischen Landesarchivs in Wolfenbüttel, ist der stärkste vom Herzog erlegte Hirsch mit 4 ½ Zentnern angegeben. Das ist für frühere Zeit und für die Harzregion schon außergewöhnlich. Aber selbst im Solling und schließlich auch im Hils, beides noch heute bevorzugte Hochwildreviere, kamen keine ‚starken Stücke‘ wie der Waidmann sagt, zur Strecke.

 

Das passierte dann erst in Greene; jagdlich gesehen für Rotwild nur ein Randrevier zu damaliger Zeit. Anzumerken ist, dass es seit Jahrzehnten hier kein Rotwild mehr gibt. Nur durch verschiedene Aussetzaktionen konnte Damwild hier heimisch werden.

 

Die vorstehende Darstellung verdeutlicht, dass der Herzog 1606 eine Feuerwaffe benutzte, wie auch die Greener Kunstmalerin Clara Stromberg auf diesem Kachelgemälde festgehalten hat. Interessant ist auch, dass zu damaliger Zeit Hirsche in der so genannten Feistzeit (Juli – August/ Anfang September) bejagt wurden. Auch der „Greener Hirsch“ kam während dieser Periode zur Strecke.

 

Anzumerken ist überdies, in welcher engen Zeitspanne und der Kriegsvorbereitungslage der Herzog Gelegenheit fand, hier noch auf einen Hirsch (augenscheinlich den stärksten überhaupt) zu jagen. Denn nur das macht Sinn für die Errichtung eines so imposanten Denkmals und einzigartig in seinem einstigen Herrschaftsbereich. Auf dem Denkmal ist das Gewicht mit 5 ½ Zentnern angegeben. Das ist für die damaligen Verhältnisse außergewöhnlich. Auch die Erwähnung der Gewichtsangabe weist auf die Besonderheit hin. In keinem Teil Niedersachsens findet sich ein vergleichbares Denkmal. Es ist auch Bestandteil der Denkmalliste im Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Hannover.