Auf der Greener Feldflur, auf dem „Hinteren Feld“ – oberhalb der Luhbachquelle steht ein Denkmal; es besteht aus zwei roten Sandsteinen, das an ein Ereignis erinnert, das inzwischen über 400 Jahre zurückliegt.
Der größere Stein hat über der Erde eine Höhe von 170 cm, eine Breite von 89 cm und eine Dicke von 23 cm. Er trägt folgende Inschrift:
DEN 26.AUGUSTI ANNO 1606
HATT DER HOCHWIRDIGER DURCHLEUCHTIGER HOCHGEBORNER FURST UND HERR HERR HENRICUS JULIUS POSTULIRTER BISCHOFF DES STIFTES
HALBERSTADT UND HERZOG ZU
BRAUNSCHWEIG UND LUNEBURG
AN DIESEM ORTH EINEN HIRSCH
AUFF BOXSTAL GESCHOSSEN WELCHER
NACH EMPFANGENEN SCHOSS VON DIESER
STEDT ÜBER DEN HAGEN BIS ZU DEM
ANDERN ZEIHEN MIT GELICHEN FUSSEN
GESPRUNGEN.
Auf dem Rollwerkaufsatz über der Inschrift ist ein Zwölfender-Hirsch abgebildet. Auf dem Aufsatz war
noch zu lesen: „Dieser Hirsch hatt
gewogen funff ganze und einen
halben Centner“.
In der Entfernung der Sprungweite
von elf Metern steht der zweite
Stein 154 cm über der Erde, 47 cm
breit und 25 cm tief; seine
Bearbeitung besteht nur in einer
rohen Zuspitzung.
Herzog Heinrich Julius erlegte in der Greener Feldflur den Hirsch am 26. August 1606. Das ist zum einen außergewöhnlich, weil der Herzog von Jugendjahren an schon der Jagd ‚anhing‘ und weit bessere Jagdgründe im Harz, Solling oder auch im Hils hatte. Daneben folgte er vielen Jagdeinladungen benachbarter Fürstenhäuser. Für den Harz, so die Feststellungen des Nds. Landesarchivs in Wolfenbüttel, ist der stärkste vom Herzog erlegte Hirsch mit 4 1/2 Zentnern angegeben. Das ist für frühere Zeiten und für die Harzregion schon außergewöhnlich. Aber selbst im Solling und schließlich auch im Hils, beides noch heute bevorzugte Hochwildreviere, kamen keine ‚starken Stücke‘ wie der Waidmann sagt, zur Strecke.
Der Boxstal oder Bockstall war ein aus Leinentüchern oder Netzen umstellter freier Platz, in den die Jagdhelfer das Wild trieben, wo es von der Jagdgesellschaft erlegt wurde.
Der Sprung „über den Hagen“ ist so zu verstehen, dass der der Hirsch über einen Busch oder eine Hecke gesprungen ist und zuvor von der Kugel des Herzogs getroffen wurde. Der Herzog erlegte den Hirsch offensichtlich mit einer Jagdbüchse. Anfang des 17. Jahrhunderts waren Feuerwaffen bei fürstlichen Jagden schon gebräuchlich und hatten die über Jahrhunderte bewährte Armbrust als Jagdwaffe abgelöst. Dieses Jagdereignis – der Meisterschuss des Herzogs und der gewaltige Todessprung des kapitalen Hirsches sowie das außergewöhnlich hohe Wildpretgewicht - schien zu damaliger Zeit eines Denkmals würdig.
Die vorstehende Darstellung verdeutlicht, dass der Herzog 1606 bereits eine Feuerwaffe benutzte.
Der Inschriftenkatalog des Landkreises Northeim von 2016 enthält eine ausführliche Beschreibung des „Deutschen Inschriften Online“- Portals zum Gedenkstein.
Interessant ist die Auflösung der Unterschriftszeile: A·R // AMPff.
Sie besagt, dass der damalige Greener Amtmann Antonius Reiche dieses Denkmal im herzoglichen Auftrag errichten ließ.
Die Greener Hirschsprungsteine sind Baudenkmale und unterliegen dem Schutz des Niedersächsischen Denkmalschutzes.
In Niedersachsen sind keine vergleichbaren Gedenksteine bekannt.
Unter den deutschen Fürsten des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts nahm Herzog Heinrich-Julius aufgrund seiner Gelehrtheit und der Vielseitigkeit seiner Bildung eine Ausnahmestellung ein. Er war nicht nur ein vorzüglicher Kenner des römischen Rechts; er besaß auch in den übrigen Wissenschaften von der Theologie und Philosophie bis zu den Naturwissenschaften einschließlich der Alchemie umfassende Kenntnisse. Und er war ein leidenschaftlicher Freund und Förderer der schönen Künste. Zudem war er der Jagdleidenschaft verfallen.
Bereits im Alter von 12 Jahren war Heinrich-Julius als Rektor der von seinem Vater Herzog Julius gegründeten Universität Helmstedt eingesetzt worden. Im Jahr 1566 trat er unter Vormundschaft und 1578 endgültig die Herrschaft im Bistum Halberstadt an, das daraufhin evangelisch-lutherisch wurde.
1607 führte der Weg des Herzogs nach Prag zum regierenden Kaiser Rudolf II. Der lutherische Welfe und der erzkatholische Habsburger, beide hoch gebildet, waren sich durch gemeinsame Interessen für die Wissenschaft und für die schönen Künste schnell persönlich näher gekommen. Rudolf II gewann so großes Vertrauen zu dem Herzog, dass er ihn bat, als „Kayserlich römischer Mayestät Geheimen Raths bestallter oberster Director“ am kaiserlichen Hof in Prag zu bleiben. Heinrich-Julius nahm diese ehrenvolle Berufung anDieser vielseitige und vielbeschäftigte Herzog fand dennoch oftmals Gelegenheit, seiner Jagdleidenschaft zu frönen – und auch im hiesigen Bereich auf Rotwild zu jagen. Mag er sich nun während der Hochsommerzeit zu Regierungsgeschäften im Einbeckischen aufgehalten haben oder in einem Ort des Weserdistrikts, zu dem auch das Amt Greene zählte, das steht dahin. Auf jeden Fall war er mit Gandersheim eng verbunden – dort hatte er seine erste Bildung an der damals berühmten Klosterschule erhalten – und so ist sein Aufenthalt in Greene durchaus verständlich. Herzog Heinrich-Julius verstarb im Jahr 1613 in Prag – erst 48 Jahre alt.
Der größere, beschriftete Stein wurde auf Initiative von Ortsbürgermeister Eberhard Völkel in Zusammenwirken mit dem Ortsrat Flecken Greene und dem Heimatverein Greene 1995 durch einen Fachbetrieb in Göttingen aufwendig restauriert. Die Betreuung dieses geschichts-trächtigen Platzes nimmt der Heimatverein Greene zusammen mit dem Kultur- und Heimatverein Holtershausen wahr.
Seit 2019 ist der Ansprechpartner für die Homepage Frank-Joachim Lormis
Anfragen und Anregungen bitte über die E-Mail Adresse info@heimatverein-greene.de
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